Anflug und Ankunft in Dubai

Schweben, gleiten, fliegen. Sich fallen lassen wollen auf das weich aussehende, gemütlich wirkende Bett aus buschigen Wolken. Staunend erhasche ich einen Blick aus der Luke und schaue auf das Wolkenmeer hinunter, gleite in Gedanken über die Weite des Horizontes. Dann geht pompös und spektakulär, in aller Pracht die Sonne unter. Langsam  zieht sich Noth, die Nacht, über den Himmel. Ich denke an die Beschreibung von Dim-Hie-Trie, wo er über Sunnar. Mani und Noth erzählt. Sunnar, die Sonne, Mani, der Mond, Noth, die Nacht. Noth, so samten, so schwarz. Ein wunderschöner Passus in seinem Buch, das wir in 10 Jahren zusammen geschrieben haben. Das Flugzeug unterdessen gleitet zielstrebig durch die Nacht. Über den Monitor lässt sich mit verfolgen, wo die Route verläuft. Dubai steuern wir an. Dubai, die glitzernde Wüstenmetropole. Es läuft Werbung. Dubai wirbt mit kühlem Schnee und Tannenbäumen. Während ich über Erdöl, Pomp und Gloria nachdenke bin ich auch noch am rätzeln, wie lange wir im Gesamten tatsächlich geflogen sein könnten…?  Das I-phone hatte sich nämlich bereits klammheimlich und modern  auf die neue Ortszeit eingestellt.  „Hallo….? Sian….? Anschnallen.“ Obligatorischer Griff nach dem Gurt. Grau, lapprig, schlaff wie eine eingeschlafene  Schlange liegt er in meiner Hand. Belustigt dreh ich ihn hin und her. Er erscheint mir immer noch wie ein Witz in Anbetracht der Tatsache, dass man sich auf 10000 Meter über dem Meer befindet während man ihn anlegen soll für den Fall….frage mich immer noch, was der wohl bewirken würde. Aber ja, ich schnall mich ja schon an Dim-Hie-Trie.

Landeanflug. Man spürt es an dem zunehmenden Druck auf den Ohren.  Ah, den Magen gibt´s auch noch. Oh ja, genau DA ist er. Uahhhh. Geht das nicht ein bisschen LANGSAMER….??? Steter Druckabfall. Oh nee, das ist echt nix für mich. Also definitiv! Rums, das Fahrwerk ist ausgefahren. Aufkommen auf der Rollbahn. Erde. Geschafft. Kein erleichtertes Geklatsche. Linienflug. Beim Herauslaufen bin ich erstaunt, wie man innerhalb … hm, waren es denn jetzt 6 Stunden…? den Fahrgastraum so dermaßen zumüllen kann. Ich muss mich beherrschen, dass ich mich nicht bücke und gleich mal das Aufräumen anfange. Im Kino hab´ ich auch immer das Gefühl des Bückens und Aufhebens. Wie achtlos  so viele doch sind. Wer räumt das alles weg? Ah je, warum kann man sich nicht einfach ganz würdevoll wie als Gast benehmen? „Lauf doch weiter Sian.“

WOW, mitten in der Nacht und so heiß? Ich nehme einen tiefen Atemzug. Atme die heiße trockene Wüstenluft ein. Oh, so anders! Haha, nichts da mit Schnee und Tannenbäumen! Verkehrte Welt. Ich mache ein paar Fotos bevor ich von einem Sicherheitsmann weggescheucht werde.  „No!“ werde ich grimmig angepflaumt „Keine Fotos! Nicht stehenbleiben! Hier in den Bus!“ Der Blick und die Hand zeigen streng den Weg. In der Ferne glitzern die Wolkenkratzer. Der Bus ist heruntergekühlt. Man glaubt, es sei tiefster Winter. Mitten in der Wüste. „Man, was DAS alles Strom braucht….“ denke ich. Energie, Energie. Vor einem Jahr, war da nicht DAS Unglück im Golf? DIE Ölkatastrophe im Golf von Mexiko? Ich frage mich: Wann lernt wer was? Wie lernt wer was wann? Mir ist schlecht. Bestimmt denke ich wieder zu viel. Nein, ich spüre Schmerzen. Die Bauchspeicheldrüse? Mist, ich habe glatt die Medikamente vergessen einzunehmen. Kram in Tasche. Schnell mal nachholen. Wo ist denn aber auch nur das Magnesium hin? Oh je. Zu spät. Ich habe bereits einen Krampf. Dann muss ich auch schon husten. Schmecke mein Blut im Mund. So eisenhaltig. Ah je. So ein Mist.

Gold. Da liegt es, kunstvoll geschmiedet. Hinter Panzerglas. Wundervolles Aurum, Erdenschatz. Aufgebrochen aus der Ader, herausgeholt um als Ringe, Armreifen in allen Variationen verarbeitet zu werden. Frauen stehen davor, lassen sich Schmuckstücke zeigen. Was nehmen? Oder da: Kunstvolle Pralinen, eingepackt in bunten Glitzerdosen, Lackschachteln oder Cellophan. Man(n) ist begeistert. „Oh, so viele Süßigkeiten gibt´s, lass´ uns schauen gehen!“ Hust. Dann bergeweise Tabac. Aufgestapelt als Malboro, Camel (Kamel, wie passend) Hochprozentiges. Brandwein, Feuerwasser. Hust. Das hört einfach nicht auf! Ich denke an die Natives. Halte unterdessen meine Hand auf den Oberbauch, Blut im Mund zwischen Dolce und Gabana, Hugo Boss und Channel. Es erschlägt mich inmitten dieses Umschlagplatzes. Ein Hangar. Eine eigene Welt wie eine Raumschiffstation inmitten der Wüste. Ein Einkaufshangar . Wer eine Kreditkarte, wer Geld hat kann hier einkaufen. Einkaufen bis zum abwinken. Ich unterdessen stürze so unauffällig wie möglich zum Klo. Während einlullende Musik läuft erbreche ich Blut. Ich hab grad andere Sorgen.