21. April, Nacht

„Wo warst Du denn solange Sian? Ich habe mir Sorgen gemacht!“ –  „Warum sagst Du nichts!“ Hm, je, warum wohl he…? Ich tripple hin und her. Dann sehe ich immer deutlicher neben Guido den Dim-Hie-Trie stehen, mit vorwurfsvollem Blick, und spüre sowas wie ein „schlechtes Gewissen“ in mir hochkeimen.  „Das ist nicht nett, hier die Gesunde mimen wenn´s einem dreckig geht Sian“ bekomme ich von Dim-Hie-Trie  zu hören. Ohha! Was sind denn das für Vorwürfe! Ich halte die Luft an, denn immerhin müsste ja der Dim-Hie-Trie am besten wissen warum ich nicht… “Stolz“ sagt er “alles nur Stolz!“ Ich schnappe nach Luft, will mich mokieren, was ihn jedoch nicht aus der Fassung bringt. Stattdessen stellt er sich fest auf den Boden und sagt mit gerunzelter Stirn, die Augen schmal auf mich geheftet, unbeirrt weiter: „Immerhin reist man ja zusammen.“ Dann verschränkt er auch noch seine Arme. Hm. Jetzt bin ich wohl besser still. Er schaut mich fordernd und streng an. Ich sehe mir das an und spüre, wie etwas in mir bröckelt, fühle, dass ich langsam rot werde. Ich fühle Traurigkeit und Verletztheit. Kleinlaut nicke ich zustimmend und signalisiere, verstanden zu haben; habe jedoch im Hinterkopf, dass wir in wenigen Stunden in zwei verschiedenen Gemächern wohnen werden. Mann und Frau sind im Ashram ja getrennt. Ich werde also schön für mich sein und muss dann gar niemandem mehr Rechenschaft ablegen. Erleichtert stelle ich das fest. Das lässt mich großzügig sein. Ah je, nicht die feine Art, aber immerhin ehrlich. JA, ich BIN verletzt. Ok. Stimmt. Aber ich hab ja auch GRÜNDE. denke ich, was mit einem strenger Blick von Dim-Hie-Trie qittiert wird. „Ich schaue mir das an.“ Signalisiere ich ihm. „Ok“ sagt er und wird weich in seinen Gesichtszügen. „Nicht daran festhalten.“ „Ja, Dim-Hie-Trie.“ Ich freue mich SEHR auf den Ashram, spüre aber auch, dass es wirklich wichtig ist, sich wenigstens solange man zusammen ist, sich auch mitzuteilen. Das geht, ist ja absehbar. Ich bin erleichtert. Mittlerweile ist es tiefste Nacht. Wir setzen uns zu vielen anderen in eine der großen Wartehallen. Ich liege mehr im Sitz, als dass ich sitzen könnte und so fällt mein Blick auf schön gedämmtes Licht. Oben sind die Räume und Lounges für First-class Reisende untergebracht und laden zum entspanntem Sitzen ein. Ich muss schmunzeln über das mit den Klassen und Privilegien. Guido macht eine Heilbehandlung. Menschen schauen dabei zu. Das erste Mal in meinem Leben denke ich: „Ach egal, warum auch nicht. Ist doch normal, dass es einem auch mal nicht gut geht.“ In den Augen der alten Frauen gegenüber sehe ich nur eins: rege Anteilnahme.