Das Spielzeugeschäft und wie man in Indien über eine Strasse geht

Weiter die Strasse runter ist ein Spielwarengeschäft. Bei seinem Anblick denke ich an meine Kinder und an die Kinder, die ich alle kenne. Und an all die Kinder, die mir hier schon begegnet sind. ich frage mich: Mit was spielen indische Kinder gerne? Mal schauen gehen, was es da so alles gibt? Doch es ist gar nicht so einfach, da reinzukommen, „mal so zum schauen“.  Denn zuerst ist da diese Sicherheitsschleuse. Mit Sicherheitsbeamten. Rechts und links vom Eingang. Die Männer haben einen düsterem Gesichtsausdruck. Viele müssen, bevor sie reindürfen noch zusätzlich ihre Tasche abgeben. Es sieht aber eher willkürlich aus, wer sie abzugeben hat. Wer barsch darauf angesprochen wird geht ohne mit der Wimper zu zucken zurück und gibt sie am Schalter draußen vor dem Geschäft ab. Ich habe nicht vor, meine Tasche abzugeben und bin mal gespannt, was passiert, wenn ich sie nicht raurücke. Doch keiner sagt was. Wir dürfen unsere behalten. Das Privileg der „Westler“? Hm. Drinnen ist es sehr kühl. Die Klimaanlage läuft auf Hochtouren. Es gibt Musik und alles schaut erst mal so aus wie bei uns. Es gibt so die klassischen Rollenverteilungen: was für Jungs, was für Mädchen. Die Mädchen gehen mit ihren Müttern rechts zu den Puppen und finden dort Puppenzubehör, Schmuck, Rätzelspiele und Puzzles, die Jungs gehen links des Einganges zu den Games, Autos und Videospielen. Gemeinsam genutzt wird der Mittelgang mit Spielsachen, die für beide gleichermassen interressant sind. So, alles wie bei uns? Nein. bei genaurem Betrachten sieht man all die Kleinigkeiten. Dass die Täschchen aufwendig Perlenbestickt sind, die Regenschirme mit feingeblümten Rüschchen versehen sind (oh, wie NIEDLICH der rosa-violette oder der türkis-blaue… !) die Barbie´s  in der Mitte der Stirn einen Punkt tragen und stilecht mit Sari bekleidet sind und goldene Ohrringe, die schlichte lange goldene Halskette, an beiden Füßen Fusskettchen, am Arm goldenen Armbänder tragen, der männliche Begleiter ist mit einer Kurtha bekleidet, das Kind kurze Haare hat und mit Schmuck ausgestattet ist sowie einen Panjavidress trägt. Es gibt auch die westliche Variante mit Jeans und weißer Bluse. Ich komme aus dem Staunen nicht mehr heraus. Es gibt ihn hier, den klassischen Hulahopreifen, die gelbe Quitscheente, das obligatorische Hüpfseil, die bunte Kreide für die Strasse. Wir arbeiten uns Regal um Regal durch. Schauen alles genau an und erreichen die Stofftiere: „Hi, schu mal, eine schwarze behaarte Spinne…ihhhhh….“ dann ein Affe mit einer lustigen Schnauze und ein… „hm, was is´n  das da? Ein Tapier?- Ha, und gugg mal da: überdimensionierte Käfer !!!“ Unten in einem Behältniss sind statt Taxies oder Bussen Rigscha´s, stilecht in schwarz oder grün. Mit einem Fahrer drinn. Dann gibts da so robuste gegossene Plastiktiere für „draußen“. Statt den üblichen Bauernhoftieren wie Kuh, Pferd, Hund und Katze hier der Tiger, Elephant, Affe, Heuschrecke, Spinnen. Bei jedem Spielzeug, das ich in Händen halte fällt mir ein Kind ein, das ich aus Deutschland kenne, dem ich am liebsten gerne dies da und das da bringen mag.

Also ich weiß echt nicht, wie lange wir da drinne waren, aber das war schon lange. Und weil wir eh´ keine Rupies mehr haben verlassen wir den indischen Spielwareneinkaufstempel und suchen eine Wechselstube auf. Das geht ja bestimmt flott denke ich so bei mir: Reingehen, Dollars geben, Rupies dafür erhalten. Punkt. Nichts weiter. Ganz einfach. Ja von wegen!  Zuerst geht man an einem Wachmann vorbei, dann wartet man unter Kamerablick vor der Sicherheitsscheibe. Man gibt seinen Ausweis ab, dieser wird dann kopiert. Dann füllt man ein Schreiben aus. Wo man wohnt, die Telefonnummer, wie lange das Visum gültig ist, und und und. Und dann wartet man. – Und wartet. – Und wartet. Ja auf was denn nun genau? Man wartet eben. Da hat man Zeit, so alles anschauen. Es hängt ein Blatt aus. Mit den wichtigsten Notrufnummern. Unter anderem steht da eine Notrufnummer für – PEST. Äh, was, die Pest….? Der Mann hinterm Schalter hat bei Guido´s Reisepass die versteckten Euros rausgenommen. Er zahlt das Geld aus und „vergisst“ doch das nicht wieder heraus zu geben…? Man muss ihn ansprechen darauf und die Antwort: „Aber ja sicher, das hätte er gemacht.“ Hm wirklich…?

Dann möchten wir gerne über die Strasse gehen. Da ist auch ein Zebrastreifen-doch keiner hält an. Wir warten brav. Wird ja mal einer anhalten. Wir warten. Und warten. Zwei Polizeibeamte schauen uns zu. Und lachen. Es scheint unmöglich über diese dicht befahrene Strasse zu kommen. Die Auto´s rasen. Ich streichel derweil eine Kuh. Wir werden von einer Frau beobachtet. Sie kommt auf uns zu, schnappt sich meine Hand und zieht mich über die Strasse. Ahhhhhhhhhhhh. Was macht sie da? Sie lacht. Sie sagt was, doch ich verstehe sie nicht. Sie gestikuliert, mit ihren Händen  (und so auch einer von meinen) Dann spricht sie mit den Augen. Ah, Anhalten, jetzt laufen, warten, langsam weitergehen, anhalten, eine Handbewegung mit einem strengen Blick, weiterlaufen, anhalten, weiterlaufen. Wir kommen heil drüben an. Die beiden Polizisten lachen. Ich danke ihr, wer würde bei uns sowas machen denke ich. Ich bin bewegt, wie lieb! Dann kommen wir an einem Sarigeschäft vorbei. Und stundenlang nicht mehr heraus. Als wir herauskommen ist es bereits finstere Nacht und es regnet wieder in Strömen. Ihr könnt Euch schon denken, dass die Rückfahrt super teuer war? Ja, das war sie!

Wir haben da etwas sehr wichtiges gemacht und erlebt. Und was da genau war erzähle ich Euch dann morgen.

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