Etwas stehen lassen können

„Nun, wer kennt das nicht“ denke ich so bei mir „das Gefühl, alleine zu sein.“ Man weiss, dass man das nicht ist, in WIRKLICHKEIT, dass es sehr wohl Menschen, Engel, Helfer gibt, denen man am Herzen liegt, denen man wichtig ist, auch wenn sie es nicht immer auszudrücken vermögen. Man weiss es ja sogar, so wie Dim-Hie-Trie es auch sagte, aber wenn man es selbst nicht so fühlt, dann fühlt man das eben so und das zu fühlen schmerzt eben. Das zu akzepieren, dass man sich eben nun so fühlt hilft, diesen Schmerz annehmen zu können. So wie auch in mir der körperliche Schmerz mich zu etwas zwingt, etwas anzuschauen, in die TAT zu kommen. Wie bei einer Geburt, wo man ja auch ganz und gar dabeisein „muss“, mithelfen muss, dass das Kind, welches man zu gebären wünscht einen auch dazu regelrecht zwingt aufmerksam zu sein, mitzuhelfen, dass das Kind herauskommen kann. MIT dem Schmerz gehen. DA sein. Akztepieren, nicht mehr ankämpfen. Sich weiten….dadurch RAUM gewinnen. Möglichkeiten. Lösungen daduch ins Leben hereinholen. So hatte ich das noch nicht betrachtet? So viele Menschen haben Schmerzen, fühlen sich nicht gesehen, anerkannt. DAS zu akzepieren, dass man sich so FÜHLT, dass es eben gerade JETZT so ist ebnet Wege, die man zuvor eben NICHT für möglich gehalten hat! Mir dämmert vage, dass es da vielmehr ums Annehmen, ums Aktezieren DASS man sich eben gerade so fühlt geht und dass man gerade erst dadurch auch bei sich ist. Ja, SO genau ist das. Diese Erkenntniss tut soooo gut.

Einfach annehmen, akzepieren und dadurch den Druck von sich selbst herausnehmen. „So genau geschieht Heilung“ höre ich Mutter Maria sagen, während mein blauer Rosenkranz, der ja mittlerweile ohne das Kreuz, an dem Jesus hängt für mich eine ganz neue Bedeutung annimmt. Sünde, Sühne, Leid, alles dual, nicht wirklich das, was die LIEBE, die durchs Universum schwingt ausmacht. Ich bin auf einmal trotz meiner zuvor empfundenen Einsamkeit glücklich, ganz tief drinnen und fühle, dass ich bereit bin, dem Schmerz ins Auge zu blicken. Welcher Schmerz sich wohl wirklich hinter ihm verbirgt, den ich mir noch gar nicht angeschaut hatte? „Das muss sich jeder Mensch anschauen, der krank geworden ist. Ob seelisch oder schon körperlich. Das läutet den Heilungsprozess in einem jeden SELBST ein“ sagt Mutter Maria. Ein Dschungel. Ein Dschungel des Lebens, voller Verstrickungen, Wirrwarr und dennoch ist darinnen auch Ordnung, so kommt es mir vor. Und die Vögel singen derweil so exotisch, wie sie nur können weitab dessen, was man von heimatlichen Vogelstimmen wie Amseln, Spatzen und Drosseln so gewohnt ist. Wir gehen weiter und mir ist, als würde ich durch den Dschungel laufen. Als würde ich ein Kleinstlebewesen sein im Angesicht dieser Geschöpfe hier:

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Schaut doch nur, wie klein die Menschen links des Bambus sind! Wie winzig klein! Wir gehen wie verzauberte Wesen durch diese Baumgruppen hindurch. Eine andere Welt! Und wir winzig klein! Hu!!!!

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Sooo winzig klein….wie der Mann hier rechts, dem man fast nicht sieht. Wie vieles, was man nicht sieht. Einen anderen Blick. Eine andere Welt. Man muss nur die Augen öffnen hier und schon sieht man es. Wie so oft im Leben. Es ist faszinierend, in diese Welten einzutauchen. Dim-Hie-Trie beschrieb einmal die Welt der Kleinstlebewesen. So werden sie sich wohl fühlen, wenn sie feststellen WIE gross etwas um sie herum ist! Ich bin ganz versunken, als mich eine Frau aus meinen Empfinden reisst. Sie steht vor mir, gekleidet in ärmlicher Kleidung, mit Augen, die so groß wie Teller sind im Angesicht eines ausgemerkelten Gesichtes. Ihre Hände führt sie zum Mund und weist mich an, ihr etwas zu geben. Sie steht direkt vor mir, ich hatte sie wohl erst gar nicht bemerkt. Konfrontation mit indischem Alltag. Sie bittet mich um Brot? Etwas Essbares? Instinkiv hole ich bereits im Geiste unser Brot heraus, das wir uns eingepackt hatten. Das weiche, frische Brot, welches wir essen wollten. Ich denke daran, etwas davon abbrechen, es zu teilen, doch ich denke an die Mango die wir auch noch haben und an die Kekse. Ich halte Rücksprache mit Guido, was er meint zu dieser Situation. Wir beschließen, ihr alles Brot zu geben. Uns würde ja noch die Mango und die Kekse bleiben, das würde sicher reichen. Wir fühlen die Richtigkeit unserer Absicht. Wir geben ihr einfach das ganze Brot, denn Guido merkte an, dass sie noch für zwei weitere zum betteln kam, die in Sichtweite warteten und uns beobachteten. Ich packe das Brot aus, fühle mich gut dabei, es herzugeben. Sie nimmt das ganze Brot, sagt weder danke noch zeigt sich ein Lächeln in ihrem Gesicht. Sie scheint eher genervt. Legt die Stirn in Falten. Hm, hätt´ ich das mal vorher gewusst! Es scheint ihr nicht zu genügen, was man ihr freiwillig geben mag. Das schmerzt mich schon wieder und ich habe schon wieder das Gefühl, was falsch gemacht zu haben und „nicht zu genügen“ was ich tue….“Ah jeh“ sagt Dim-Hie-Trie „Sie wollte HALT EINFACH MEHR HABEN, nichts WÜRDE IHR GENÜGEN, EGAL, WAS MAN IHR GIBT. Und sie wollte Brot UND Geld haben.“ Ja, soo einfach. Ich hatte ihr unser ganzes Brot geben, es war für mich viel, denn ich freute mich sehr darauf, es essen zu können. Und ich hatte ihr sogar ALLES gegeben! „Ja, so ist es Sian.“ sagt Dim-Hie-Trie. „Und nun freue Dich.“ Worüber sollte ich mich denn freuen? „Nun, über die Erkenntniss.“ Stimmt, es war für mich ein Schritt und ja, ich gab es gerne. Selbst bestimmen, was man geben mag und sich dann freuen, das lerne ich. Und andere Meinungen und Ansichten als solches stehen lassen zu können, wie die Frau, die wir stehen lassen können um weiterzugehen. Ja, so ist es. Bei sich bleiben, sich fühlen, auch den Schmerz, die Enttäuschung, das ent-täuschen zulassen können. Etwas auch stehen lassen können, ein weiterer Heilungsprozess.

One thought on “Etwas stehen lassen können”

  1. Liebe Sian
    Es hat sich einfach so ergeben, dass ich hier einmal dein Erleben gelesen, bzw. erleben durfte. Es ist unendlich kostbar, es ist ein sich wiederfinden in der eigenen Welt des Herzens. Es ist so befreiend, so heilend. Tiefe Dankbarkeit und Erlösung erfüllt mich. So einfach ist es, nur das herz erzählen lassen, wie es sich fühlt und schon springt der Funke und entzündet das Licht in anderen Menschen. Sooo wunderbar! Ich umarme dich zart und liebevoll und ein grosses An’Anasha soll dich umhüllen und küssen.
    Merin

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