Die Elefantenbäumin

Von weitem schon erstrahlt in wundersamer Ruhe dieser Baum. Er leuchtet in rot-grün-blauem Licht und seine kräftigen dunkelgrünen Blätter glitzern wie Sterne in der Nacht. Grundgütiger, mich erschaudert. Beim Näherkommen erblicke ich, dass sein Stamm wie ein gewölbter Babybauch aussieht. Oh, wie wunderbar, er streckt sein Bäuchlein der Welt entgegen! Ich denke unwillkürlich an eine schwangere Frau. An mich, als ich schwanger war, an all die schwangeren Frauen… an all uns… hach,wie schön… ich denke an den Stolz, an das strampeln im Bauch, an das nicht alleine sein und wie es war, schwanger zu sein. Ich erinnere mich, wie sich das angefühlt hat, das „schwanger sein“, sooooo schön…und dann aber auch an die Geburt, an all die Gefühle…dann an den leeren Bauch und wie schlaff dieser nach der Geburt herunterhing. Wie fremd. Ich denke daran, wie man bei uns dann alles unternimmt, dass man wieder so schnell wie nur irgend möglich so straff und knackig ausschaut wie vorher. Wie man ihm gar keine Zeit lässt „leer zu sein“. Im Gegensatz da die indischen Frauen, die keine Scheu haben, ihr vom Baby ausgetragenen Bauch zu zeigen ohne sich zu genieren, dass er auch mal in Falten liegen kann. Alles Natur. Das hineinbringen, das nähren, das in sich wachsen lassen spüren, es hinaus in die Welt gebären, das Gefühl der Erleicherung, den ersten Blickkontakt, das Baby, das man zuvor in sich gefühlt hat anfassen, es an sich nehmen, wärmen….das kleine Leben…. Ich möge mich versöhnen mit dem „leeren Bauch“? Den Gefühlen im Bauch? Dem „sich zeigen mit Bauch, wie er eben gerade ist“? Das „auch mal schlaff sein“ zulassen können? Puh.

Hach, er strömt so geruhsam und treu wie ein Elefant während ich schnurstracks auf ihn zulaufe. Wie automatisiert. Dann sehe ich…STEINklumpen….nein, das darf ja jetzt nicht wahr sein! Hier…? Mich erfasst sowas wie…WUT…? Ich denke mit Groll, ja genau: WAAAAS, SCHON WIEDER…..???!!! Und dann….Geritze auf ihm. Das darf ja wohl nicht wahr sein! „Doch, so ist es.“ sagt der Dim-Hie-Trie. „Ihr“ korrigiert sie. Ich schnaube, mein Herz rast. Sie spricht, ich möchte mich beruhigen um sie zu hören. Doch mein Herz rast. Ich atme. „Wie war das doch gleich mit dem „stehen lassen können Sian…?“ sagt Dim-Hie-Trie, während er auf seine Fingernägl schaut, ob diese auch schön sauber sind. Ah jeh, so promt gleich die Gelegenheit? „Aber ja doch, kannst gleich üben.“ Meno, Dim-Hie-Trie !!!! Also gut, die Steinklumpen, die Achtlosigkeit, das Unverständniss, das Gekritzel, welches dem Baum nicht guttut stehen lassen könnend gehe ich hin und betrachte ihn, äh, sie:

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Sie ist so geruhsam. So beständig. So behäbig. Wie ein Elefant. Oh wie schön, der erste indische Elefant, der mir begegnet ist ein BAUM. Wie wundervoll. Ich schaue hoch. Blicke in seine, äh, ihre Krone. Diese Blätter, wie Sterne! Sie bewegen sich im Wind. Es raschelt, ich wünschte, ihr könntet es hören! Und es schaut aus, als würden sie winken.

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Oh, was sehe ich denn da, das schaut ja tatsächlich aus, wie Elefantenbeine! Ich bin restlos begeistert.

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Und versinke in ihrer Aura. Mein Bauch an dem ihren ist Versöhnung mit allem Weiblichem. MIT ALLEM WEIBLICHEM. Ich spüre mich als bauchhabende FRau an einer sein bauchliebender FRau, also tatsächlich! Unfassbar, aber ich erlebe es! An ihrem Bauch fühle ich, wie sehr ich in dem meinem die Süße des Lebens, die Hoffnung, Enttäuschung, Zusammenziehen, Hineinziehen, Schmerz, Verdängung, Trauer, Versagensängste, Verlustängste, nicht loslassen können und Angst, nicht alles „Recht zu machen“ gespeichert habe. „Gebe ab.“  Ja, ich teile mich mit. Sie fühlt in mich und schenkt mir ihren Frieden. Ich habe keine Schmerzen mehr. Alles nimmt sie in ihrem Schoss auf. Dann sehe ich mich wieder im Garten, bei Sai Baba weilen…ich sehe ihn…er spricht vom Wachsen-vom werden-vom reifen-vom verdrängen-von Sexualität -von Liebe, von der menschlichen sowie von der göttlichen-es ist wundervoll, ich staune und könne ein ganzes Buch darüber schreiben, so viel erzählte er, während ich in ihrem Schoss liege.

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und ich stand lange. Menschen kommen und gehen. Sie bleiben stehen und betrachten, was ich da mache. Sie sprechen miteinander, was ich da wohl machen würde. Als wir gehen kommen sie und schauen. Man spürt förmlich all ihre Tausend Fragezeichen in der Luft. Sie kommen an sie heran und erhoffen, Antworten zu finden. Ein Mann bleibt längere Zeit ganz andächtig stehen. Wenn WIR da als Europäer sooooo lange standen….ja, dann muss da wohl etwas Besonderes sein. Nur was…? Tausend Fragezeichen. Ich schwebe. Mag am liebsten ein tiefes Loch um sie graben, einen Kran bestellen, ein Schiff anheuern um sie mitzunehmen. Zumindest mag ich wiederkommen. Ich würde, nur um sie wieder zu spüren den langen Weg nach Indien nehmen. JEDERZEIT würde ich hierher zurückkommen.

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JEDERZEIT.

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