Die kleine gemütliche Strasse weitet sich zunehmend. Ein Blick auf die blauen Punkte zeigt auf dem Navi an, dass der Park nicht mehr allzu weit entfernt sein kann. Und tatsächlich: von allen Seiten strömen schon munter Busse, Kleinwagen, Rigscha´s und Menschen herbei. Die Strasse scheint dabei allen zu gehören, auch Kühe, Ziegen und Hühner sind unterwegs. Auf der Strasse herrscht ein eigenartiges Treiben: Man bleibt mitten auf der Stasse in Grüppchen stehen, unterhält sich, ernet dafür zwar aufgeregtes Hupen, doch das nimmt man in Kauf. NUR wenn es laut genug ist weicht man einen Meter und lässt das Auto passieren:
Mitten auf der Strasse beginnt, der Menschenmenge nach, wohl auch der Eingang zum Park. Bei genauerem Betrachten scheint es jedoch zwei Eingänge zu geben und wir wissen nicht, welchen davon wir nehmen müssen. Hinten, wo wir stehen ist es noch sehr angenehm, doch je näher man an die Eingänge kommt, desto grösser und dichter ist auch die Menschenmenge. Wir wissen vom Anstehen an Bangalore´s Bahnhof: vom Schieben und Drücken darf man sich nicht abschrecken lassen, man sollte einfach MITMACHEN, sonst kommt man NIE drann, doch haben wir darauf Lust….? Gedrängt werden, schubsen, schieben um dann vieleicht auch noch am falschen Eingang angestanden zu sein…oh jeehhh….
Auf einmal ist Dim-Hie-Trie verschwunden. Zuerst erschreckt mich das. Bis ich bemerke, wie er sich an eine Familie geheftet hat und uns aufgeregt winkt. Schnell laufen wir ihm hinterher, was niemanden stört, und landen so- ganz ohne Gedränge und Gezetere- am zweiten Eingang, wo es sehr ordentlich und sehr gemütlich zugeht. Wir sind sehr erleichtert und freuen uns sehr, es kann so einfach sein. Ein kleiner Souffleur als Freund an Seite, hach ist einfach Gold wert.
Drinnen ist es sehr angenehm. Eine wahre Wohltat. Das Gehupe ist kaum noch hörbar, die Bäume halten wie einen Wall die Geräusche ab und atmen die Abgase auf. Drinnen ist es angenehm kühl. So „kühl“, dass manche Frauen lieber doch wieder ihre Mütze aufsetzen:
Die Wege sind breit, die einzelnen Bereiche abgesperrt, man läuft auf den Wegen:
Um es sich dann unter dem Schatten der Bäume gemütlich zu machen:
Auch viele Gruppen sind unterwegs:
Während Bilder unter ihnen gemacht werden sprechen oben die Bäume in den Wipfeln miteinander. Ich bleibe daher stehen, um zuzuhören. Sie raunen im Wind, sie singen: in Reimen, in Strophen, sie wispern. Doch ich kann mich nicht auf den Gesang der Bäume konzentrieren, denn wir werden angesprochen. Jugendliche und Kinder sind herbei gekommen und fragen, von welchem Land wir kommen. „Aus Deutschland.“ antworten wir. „Ohhh, aus Deutschland!“ Die Augen strahlen. Nicht eine/r, die/der nicht wüsste, wo Deutschland ist. Viele kennen wieder ganz genaue Details. Wenn sie über Deutschland sprechen sind ihre Stimmen andächtig, der Rücken gerade und der Blick offen. Wir kennen es schon so aus Bangalore und vom Durga Tempel in Mysore und sind darüber immer noch erstaunt. Warum wissen die Kinder in Indien denn so viel über Deutschland? Und warum freuen sie sich so sehr?
„Und so einen wunderschönen Sari!“ – „Ja, ein sehr schöner Sari.“- „Eine gute Qualität!“ sagen die Frauen. Der Sari wird bewundert und angefasst. „Ja, eine sehr gute Seide.“ Eine Frau schält sich aus der Menge und kommt ganz nah an mich heran, schaut mir ewig in die Augen, ich schaue ewig zurück. Sie schaut so ernst, ich schaue ernst zurück. Sie sagt etwas, kramt in ihrer Tasche, holt etwas heraus und klebt mir das Etwas auf die Stirn. Guido sagt, es ist ein roter Punkt. „Und von so weit gereist?“ frägt ihn ein junger Mann, der hin und weg vom Guido ist und so gerne ein Bild mit ihm drauf haben möchte:
„Dass wir in IHREM Indien sind?“ strahlen die Kinderaugen. „Ja.“. „Welcome too India.“ Man reicht uns die Hand und möchte immer mehr Bilder von uns und mit uns machen. Doch je mehr Bilder gemacht werden desto mehr Menschen kommen herbei. Bald sind wir umringt. Wer sind diese beiden Menschen? Woher kommen sie? „Aus Deutschland.“- „Ohhh, DEUTSCHLAND!“ Bitte ein Bild. Und noch eines für die Familie. Und noch eines für die Freundinn. Und eines für die Schule. Für den Lehrer. Es wird zunehmend forscher, jeder mag ein Bild haben, man drängt, die Menschenmenge wächst. Alle bekommen ein Bild. Bis auf zwei Mädchen. „Sie trauen sich nicht.“ sagt Guido. Ich mag ja gerne, doch ich sehe sie nicht mehr, es werden immer mehr Menschen, wir sind nun schwer umringt. Bitte noch ein Bild. Und noch eines. Wir flüchten hoch Richtung Wald. Entdecken eine einsame Parkbank. Keine Minute ist um und man hat uns entdeckt:
Die Mädchen kennen Deutschland selbstverständlich auch. Klar. Und möchten nun auch wissen, ob wir Baby´s haben. „Nein, wir haben keine Baby´s zusammen.“ – „Warum nicht? Es ist traurig keine Baby´s zu haben! Das ist schlimm.“ „Wir sind Freunde.“ sagt Guido „sie hat Kinder.“ und zeigt auf mich. „Ahh, und wo sind die Kinder?“- „Zuhause, in Deutschland.“ „Wie viele?“- „Drei Kinder.“ – Die Welt ist kurz wieder in Ordung. Dann folgt Strinrunzeln. „Warum sind sie nicht hier?“ – „Es sind schon große Kinder.“ – „Ahhh.“ Dann noch größeres Stirnrunzeln. „Wie, ICH habe schon große Kinder??? Wie alt?“ – „Fast vierzehn, achtzehn, und zwanzig.“ Was, zwanzig? Nein, das kann nicht sein, man glaubt es uns nicht. Und warum ist der Kleine auch nicht hier?! Das ist seltsam. Man macht lieber Fotos. Eine Frau möchte, dass wir ihr schönes Mädchen fotografieren, so „kommt sie nach Deutschland“. Der Bruder soll aber auch mit aufs Bild. Der Bruder mag jedoch nicht fragen, muss aber und tastet sich langsam an Guido heran, während ich bemerke, dass die beiden Mädchen auch da sind.
Die Jungs freuen sich ungemein über die Präsenz vom Guido und haben große Freude, wenn er sie anschaut. Sie möchten, dass wir Foto´s machen, denn „so kommen sie auch nach Deutschland“ und wir werden die Bilder ja gewiss´ all unseren Freunden zeigen:
Der Bruder und seine Schwester:
Die beiden Mädchen: